Drei Frauen an einem Tisch.
Beim zweiten Treffen von „Schönau spricht“ in der Villa zusammen mit Sylvia Löffler, Monika Simikin und Andrea Frankenbach (von links). Foto: Paesler

Wer spricht denn da?

Schönau. Um etwas zu erleben, fahren die Menschen sonst wohin. Kein Weg ist zu weit, ordentlich was kosten darf es, wenn nur das Erlebnis schön ist. Es geht aber auch einfacher, das haben kürzlich drei Handvoll Menschen in der „Villa“ im Bromberger Baumgang erfolgreich getestet. Im Rahmen von „Schönau (er)leben“ wurde geprobt, wie es ist, wenn Menschen miteinander reden, die einander sonst nicht getroffen hätten.

Bei „Schönau spricht“ konnte man tatsächlich was erleben. Denn einfach ist es bei „Schönau (er)leben“ schon, aber für jedes wahrhaft Einfache muss zuvor gründlich nachgedacht werden. Was hier geschah und geschieht, ist einfach, aber alle Beteiligten müssen es wollen.

Sylvia Löffler (Stadt Mannheim), Monika Simikin (Abendakademie) und Andrea Frankenbach (Die Traumschmiede) führten durch einen ungewöhnlichen Nachmittag, für das die Begriffe „Neighbourhood Dating“ und „Speed Dating“ Pate gestanden hatten. Dating im Sinne von Gesprächspartner-Findung, Speed im Sinne des Gedankens, dass man nicht zwei Stunden mit alten Freunden Kaffee trinkt und halt schwätzt, was einem so in den Sinn kommt. Gespräch war das Hauptanliegen, aber Begrenzung und Kanalisation sollten den Gesprächsfluss anspornen und steuern. Plötzlich sagt jemand: „Pssst, Ende!“ Dann heißt es, aufzuhören zu reden, sich an einen anderen Tisch zu setzen und, sagen wir es überspitzt, auf Befehl wieder anfangen zu reden. Für zehn Minuten.

Hahaha, und das soll funktionieren? In der Villa funktionierte es, sogar sehr gut.

Es war nämlich so gedacht, dass nach dem Stühlerücken ein erneutes Signal für die Gespräche in neuer Runde gegeben würde – auch, um die Zehn-Minuten-Spanne zu messen. Aber kaum saßen die Teilnehmer am neuen Ort, da redeten sie schon, es vergingen nur wenige Sekunden. Es waren meist Dreiergrüppchen, die sich gebildet hatten. An einem Tisch sprachen zwei sehr intensiv, während die dritte Person vorwiegend zuhörte, an einem anderen redeten alle drei Teilnehmer zu gleichen Teilen. An jedem Tisch entwickelte sich die Gesprächssituation unterschiedlich, aber im ganzen Raum gab es keinen Menschen, der sich nicht beteiligte. Der Beobachter staunte, wie reibungslos alles funktionierte.

Keinesfalls zum Problem wurde selbst der Umstand, dass eine halbe Stunde nach Beginn drei Personen verspätet dazustießen und eine weitere Viertelstunde später nochmals eine. Dafür musste ein Teilnehmer früher gehen; es war also reichlich Bewegung im Raum; die Gespräche litten nicht erkennbar darunter. Auch als nach zweimaligem Wechsel auf einmal an mehreren Tischen nur zwei Personen saßen, erlahmte der Austausch in keiner der Gruppen. Die Schönau scheint ein gutes Pflaster für Gespräche zu sein, die Villa ein Ort, der das begünstigt, und die Menschen an diesem Nachmittag brachten genau die Entspanntheit mit, die einem Austausch förderlich ist.

Hinter dem Projekt steht kein festes Programm. Das Treffen im September war das zweite dieser Art. Es soll fortgesetzt werden, wenn möglich auch in anderen Stadtteilen, aber nichts ist bisher wirklich festgelegt. Impulse gingen durchaus von den bereits durchgeführten Projekten „Deutschland spricht“ und „Mannheim spricht“ aus. Letzteres wurde von der Mannheimer Abendakademie durchgeführt, da hat Monika Simikin Erfahrungen gesammelt. Noch in der Ideenschleife befindet sich der Gedanke, eventuell eine Broschüre herauszugeben, die die bisherigen Erkenntnisse so darstellt, dass sie zum Anstoß für ein längerfristiges Format werden könnten.

Hintergrund war eine Ausschreibung durch das Mannheimer Bündnis für ein Zusammenleben in Vielfalt. Das Quartierbüro konnte hierbei für das Jahr 2023 Fördermittel für das Stadtteilprojekt „Schönau (er)leben“ gewinnen. Auch das Format „Human Library“ gehört dazu, zu dem vergangene Woche in der Stadtteilbibliothek ein Abend gestaltet wurde. jp

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