Sichtfenster einer Rohrleitung
Das ist keine Waschmaschine, sondern das Sichtfenster der Geothermieanlage in Bruchsal. Hier fließt 126 Grad heißes Wasser durch, das aus 2,5 Kilometer Tiefe kommt. Foto: Paesler

Ferne Wärme, ganz nah. Geothermie könnte in Mannheim eine große Zukunft haben

Mannheim. Die Quadratestadt profitiert von seinem Großkraftwerk, das nicht nur viel Kohle verstromt, sondern auch für sichere Wärmeversorgung steht (Fernwärme). Nun soll unsere Stadt dekarbonisiert werden, auch noch in relativ kurzer Zeit. Das Fachwort betrifft nicht nur direkt die Verbrennung von Kohle (lateinisch carbo = Kohle), sondern alle Prozesse, bei denen das klimaschädliche CO2 freigesetzt wird. Würde das Kohlekraftwerk zum löblichen Zweck der Dekarbonisierung einfach abgeschaltet, wäre auch die Fernwärme weg. Dafür müssten neue Heizungsformen für unsere Wohnungen her. Das gut funktionierende System der Fernwärmeversorgung müsste aufgegeben werden. Nicht löblich.

An diesem Punkt kommt die Geothermie ins Spiel. In sehr großen Tiefen unter unseren Füßen ist nicht nur der flüssige Erdkern, von dem wir schon als Schüler hörten. Mit heißen Ohren betrachteten wir damals die Schemazeichnungen des Erdballs, in dessen Innerem sich unvorstellbar große Mengen an Magma in einem unvorstellbaren Temperaturbereich befinden. Aber um Erdwärme anzuzapfen, müssen wir nicht bis zum Erdkern bohren. Wärme ist schon in geringeren Tiefen zu finden. Die Technologie für Bohrungen ist sicher und den Kinderschuhen entwachsen. Die Stadt München betreibt mehrere Geothermieanlagen.

Doch wie zapft man die Wärme an? Soll man einen langen Fühler ins hitzige Erdreich verbringen und die Temperatur nach oben leiten? Man benötigt, im Bild gesprochen, ein Fahrzeug. Wasser eignet sich gut dafür. Woher weiß man dann, wo sich in tiefen Regionen heiße Wasseradern befinden? Da erinnert sich der pfiffige Mannheimer: War da in den letzten Wochen und Monaten nicht was bei uns? Schwere Fahrzeuge fuhren durchs Stadtgebiet, überall im Gelände und am Wegesrand entdeckte man diese Geophone und wusste nicht, was man davon halten sollte. Die schweren Rüttelplatten der Spezialfahrzeuge sandten Schwingungen ins Erdreich, die durch das Netz von Geophonen an zahlreichen Stellen aufgefangen wurden.

Drücken wir es mit einem Bild aus, das uns vertraut ist. Mithilfe dieser Technik entstand eine Art Röntgenbild des Untergrundes von Mannheim und Umgebung. Wenn alle Daten ausgewertet sind, wird man wissen, an welchen Stellen im oberrheinischen Graben heiße Wasseradern verlaufen. Dorthin will man bohren, um es nach oben zu leiten. In Bruchsal bei der Firma GeoHardt wurde 2009 damit begonnen, die Anlage läuft seit 12 Jahren. Das Ziel ist, dies auch in Mannheim und Umgebung zu tun. Im April organisierten die beiden Grünen Landtagsabgeordneten Elke Zimmer und Dr. Susanne Aschhoff eine Bürgerfahrt nach Bruchsal, um sich das Prinzip der Geothermie vor Ort erklären zu lassen. Rund 30 Mannheimer nahmen daran teil.

Aus bergrechtlichen Gründen sind in Mannheim zwei Firmen dabei, die Möglichkeiten für Geothermie auszuloten. Im Norden ist das Vulcan, im Süden GeoHardt. Beide Firmen prüfen neben der Wärmegewinnung die Möglichkeiten, Lithium zu gewinnen, denn das heiße Tiefenwasser enthält dieses Alkalimetall. Im Blick ist auch immer die Seismizität. Dr. Thomas Kölbel von GeoHardt sagt dazu: Die ist beherrschbar. Die Anlage in Bruchsal hat in zwölf Jahren kein Beben ausgelöst. Geothermie scheint eine Technik der Zukunft zu sein. Die Metropolregion hat offenbar große Chancen, sie für sich nutzbar zu machen. Das wollen wir weiter betrachten. jp

i Lesen Sie den ganzen Artikel in den Nord-Nachrichten am Freitag, 19. Mai. Da das Thema umfangreich und für Mannheim sehr wichtig ist, setzen wir in den Nord-Nachrichten vom 16. Juni die Berichterstattung zum Thema fort.

Schmid Otreba Seitz Medien GmbH & Co. KG
Wildbader Straße 11
68239 Mannheim

Fon 0621 72 73 96-0
Fax 0621 72 73 96-15
info(at)sosmedien(dot)de